Wie immer bei solchen Diskussionen, lassen wir uns mal nur von den Fakten berieseln. Im Jahre 1999 wurden die Sprachbarrieren aufgelöst und durch Englisch eine gemeinsame Brücke geschlagen. Im Jahre 2004 nahmen 36 Nationen teil, 23 sangen ausschließlich auf Englisch. 2008 waren es von 43 Ländern ebenfalls 23. Im Jahre 2008 nahmen 42 Nationen teil, von denen 23 auf Englisch sangen. Die Zahl für 2016 sollte klar sein. Von 43 teilnehmenden Ländern singen dieses Jahr allerdings sage und schreibe 35 Nationen auf Englisch. Der Trend, welcher sich bereits in den letzten Jahren abzeichnete, hat also 2016 einen (vorläufigen?) Höhepunkt erreicht. Ein in Muttersprache recht erfolgreiches Land ist Serbien. Doch auch vor diesem Land macht dieser Trend keinen Halt.
Serbien ist wegen der relativ frischen Aufspaltung von Montenegro ein neueres Land beim ESC. 2007 nahm das Land erstmals als eigenständiges Land teil und gewann prompt. Danach folgten 7 Teilnahmen (außer 2014), bei denen 5 Finalplatzierungen heraus sprangen, dabei auch ein 3. Platz 2012. Serbien ist eindeutig ein erfolgreiches Land beim ESC, das erfolgreichste aus der Balkanhalbinsel.
Nachdem in den letzten Jahren immer ein kleiner aber feiner Vorentscheid stattfand, entschied man sich dieses Jahr für eine Direktnominierung. Letztes Jahr namen beispielsweise nur 3 Acts am Vorentscheid teil. Aber mit einer Direktnominierung hat Serbien bisher nur gute Erfahrungen gemacht...ehrlicherweise wurde sie auch erst einmal durchgeführt. 2012 nämlich, belohnt mit dem 3.Platz. Ob der diesjährige Act allerdings da ran kommen kann, ist fraglich.
Der diesjährige serbische ESC-Beitrag kommt von ZAA Sanja Vučić und heißt Goodbye
Die 22-jährige Serbin hat noch nicht besonders viel Publicity vorweißen können. Sie schloss sich 2012 der Band ZAA als Frontfrau an und tourt um die slawischen Nachbarn. Besonders viel mehr konnte ich nicht herausfinden. Sie hat etwas unterhalb der Schulter ein Tatoo, das eine geöffnete Blüte zeigt. Aber ihr Gesicht wirkt wie eine Verschmelzung aus Nina Zilli (Italien 2012) und der Biathletin Dorothea Wierer. Aber genug von der Interpretin, kümmern wir uns um das Lied:
Das Lied beginnt mit einer sanften Pianoeinleitung, in der der Fokus sehr auf Sanja liegt. Streicher setzen auf dem Weg zum Refrain ein und der Refrain bleibt ebenfalls sehr ruhig. Die an den Balkan erinnerten Holzblasinstrumente, setzen gemeinsam mit dem Schlagzeug ein und die Steigerung nimmt nun stark zu. Als Bridge wird ein Instrumentalteil und ein Schrei verwendet. Danach geht richtig die Post ab, aber die ganze Ladung werden wir erst Live hören.
Das Stück ist eine spannende Ballade, die musikalisch nicht wirklich den Endruck eines musikalischen Goodbye´s vermittelt. Der Aufbau des Liedes ähnelt sehr dem albanischen I´m alive aus 2015.
Das wohl auffälligste ist wohl die Gestik der Dame Sanja. Diese ist sehr ausgeprägt und sehr unterstützend, eventuell etwas zu unterstützend. Die Gestik kann schnell bei manchen als lächerlich deklariert werden und das kann beim Ersteindruck-Wettbewerb ESC eine größere Rolle spielen. Aber ich glaube die Serben haben da einen Plan.
Auf der ESC-Bühne wird sie gesanglich einen guten Eindruck machen, dass was ich bisher von ihr live gehört habe, war durchweg positiv. Das Staging könnte hier sehr simpel ausfallen, da Sanja ja sowieso viel Ausstrahlungskraft (+) hat. Die Schminke sollte dabei allerdings sehr viel dezenter sein, da sie aussieht, als ob sie in einen Topf voller Lidschatten gefallen wäre. Ein komplizierteres Staging wäre sicher ein Ausdruckstanz, der hier nicht empfehlenswert ist, aber möglich. Geigen sollten unbedingt auf der Bühne sein, aus ESC-Historischen Gründen und weil sie ja zu hören sind.
Ich hoffe nur, dass Serbien nicht das gute Lied wie 2013 durch eine unglaublich grässliche Bühnenshow negativ beeinflusst. Ansonsten kann man Serbien nur gratulieren. Im ohnehin schwächer besetzten Semifinale 2 sollte überhaupt kein Problem entstehen. Im Finale tippe ich durch Balkanunterstützung auf einen Top-10-Platz. Die Hauptsache ist doch allerdings nur, dass Serbien dem ESC erhalten bleibt und nicht erneut Goodbye sagt.
UPDATE 26.03.16: Da hab ich tatsächlich vergessen, auf den Text des guten Songs einzugehen. Im Lied geht es darum, dass sie opfer körperlicher Gewalt wurde und daher trotz des Widerstandes des Partners, davon rennt. So etwas ähnliches hatten wir 2014 mit Ungarn, allerdings mit dem Unterschied, dass es dort um Kindermissbrauch ging und es hier nun um Frauenmissbrauch geht. Dadurch erklärt sich auch die übertriebene Gestik und begründet diese auch.
Auf der Bühne würde ich nicht wie Ungarn 2014, einen Ausdruckstanz einsetzten, da es dann einfach zu viel Aktion auf der Bühne wäre. Ein zwielichtiges Video auf den LED´s und das sollte auch schon reichen, um die Botschaft an den Mann zu bringen.
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