Lisboa 2018

Lisboa 2018

Samstag, 23. April 2016

RUMÄNIEN VERLIERT UNVERZÜGLICH TEILNAHMERECHT!

Der ESC wäre nicht der ESC, wenn es jährlich kleine oder große Skandale gäbe. Während es im letzten Jahr beispielsweise das Kümmer-Gate oder Australien als teilnehmendes Land waren, wird es dieses Jahr eine Nummer größer. Gestern, am 22.04.16 um 11:06 wurde auf der offiziellen Homepage des ESC´s bekanntgegeben, dass Rumänien ab sofort keine Rechte mehr an EBU-Programmen habe. Das ist natürlich der wohl schwerste Schlag, den ein offizielles EBU-Mitglied jemals hinnehmen musste. Nur mal so als Vergleich: Würde man jeglichen Personen, die einen IQ von unter 80 haben aus Deutschland ausweißen, würde Andrea Berg in etwa die Einschränkung in ihren Verkäufen haben, wie es TVR (rumänische Rundfunkanstalt) nun in seinem Programm aufweißt. 

Aber nun mal ernsthaft: Wer eine solche Reaktion erzeugt, muss wohl sehr viel falsch gemacht haben. Und soviel kann ich vorwegnehmen: TVR und die rumänische Regierung haben wohl alles falsch gemacht, was man falsch machen kann. Die EBU begründet den Rausschmiss folgendermaßen:

"Die EBU hat alle Mitglied-Leistungen für die rumänische Rundfunkanstalt TVR, auf Grund der nicht vollendeten Schuldentilgung von 16 Millionen Schweizer Franken (circa 14.565.000 Euro) eingestellt", heißt es auf der offiziellen Website. "Eine Deadline ist am 20.4 abgelaufen, in der die rumänische Regierung aufgefordert wurde, zufriedenstellende Lösungsansätze abzugeben." Die Schulden haben sich seit Januar 2007 angehäuft. 

"Es ist bedauernswert, dass wir zu diesem Schritt gezwungen werden", sagte das hohe EBU-Tier Ingrid Deltenre. "Wir sind enttäuscht, dass all unsere Versuche zur Lösung des Problems, von der rumänischen Regierung ignoriert wurden. In den letzten Wochen hat die EBU den Vorschlag des rumänischen Finanzministers, zur Eröffnung eines Insolvenzverfahren und der damit völligen Umstrukturierung des Senders, zur Kenntnis genommen. Die EBU ist eine non-profit-organisation, die 73 öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten in 56 Ländern vertritt. Die Fortsetzung dieser Verschuldung von TVR gefährdet die finanzielle Lage der EBU."

Der norwegische ESC-Diktator Jon Ola Sand (offiziell Supervisor genannt) sendete folgende Videobotschaft zur aktuellen Diskussion:



"Es ist natürlich enttäuschend, dass Rumänien nicht am ESC in Stockholm teilnehmen kann (darf?). Es ist enttäuschend für den Künstler, es ist enttäuschend für die Fans und die Zuschauer in Rumänien und in ganz Europa. Aber wir müssen hinter dieser Entscheidung stehen und wir glauben, dass es die richtige Entscheidung war. Nun können wir nur noch abwarten, wie sich die Situation für 2017 und darüber hinaus entwickelt."

Wenn die EBU nur für den ESC zuständig wäre, wären die Folgen ja relativ gering. Eine Pause vom ESC gilt ja nicht gerade als Weltuntergang. Nur (aus der Sicht Rumäniens) leider ist die EBU für sehr viele Veranstaltungen und vor allem Fernsehrechte zuständig. Mit der Einstellung jeglicher Dienstleistung der EBU an TVR entfällt für den Sender ebenfalls Olympia und die Fussball-WM in Frankreich. Den ESC dürfen sie auch nicht übertragen. Somit ist das ein großes Loch, was die EBU in das Programm von TVR sprengt. Ein ähnlich großes, das TVR in den Kassen der EBU hinterlassen hat. 

Wie bei allen Diskussionen, gibt es auch hier die andere Partei, in dem Fall die rumänische Regierung, die laut EBU 4 Anschreiben ignoriert hat. Laut der Website ESCKAZ, hat sich der rumänische Regierungssprecher Dan Suciu, folgendermaßen zum Ausschluss geäußert: "Die Schulden von TVR haben sich über Jahre angehäuft und es ist nicht fair, dass die EBU der Regierung ein Fehlverhalten aufzusagen, da die Schulden zu hoch sind. Wir haben keinen legalen Weg gefunden, diese Transaktion innerhalb von kurzen 24 Stunden, die wir hatten, zu ermöglichen. Wir können keine Garantie aussprechen, wenn wir die rechtliche Situation nicht geklärt haben."

Was heißt das nun aber für Ovidiu Anton, der ja eigentlich für Rumänien antreten sollte? Natürlich darf er nicht für Rumänien beim ESC starten, aber auf Grund der späten Absage (10 Tage vor den ersten Proben) wird er auf der offiziellen CD enthalten sein. Außerdem bleibt er laut EBU auch auf den Streamingplattformen vorhanden, um den Künstler immerhin noch diese Einnahmen zu ermöglichen. Aus der Youtube-Playlist des 2. Halbfinals wurde er logischerweise entfernt, sein Lied ist jedoch immer noch auf dem Kanal vorhanden. 

Soweit also die Fakten von offizieller Seite.

Im ESC-Universum stellt man sich natürlich die Frage, warum das jetzt entschieden wurde. 10 Tage vor Probenstart, Wochen nach dem rumänischen Vorentscheid, dessen Produktion ja auch Geld verschlingt. Ovidiu war sowohl in Amsterdam, Tel Aviv und London bei Preview-Parties, das wird wohl auch TVR bezahlt haben. Hätte man nicht noch bis nach dem ESC warten können?

Ich persönlich glaube, dass es auch ein Warnsignal für andere Länder sein soll, die auch Schulden bei der EBU haben. Bisher hat die EBU sich in nahezu allen Konflikten als sehr geduldig ausgezeichnet, nur hätte den Verantwortlichen doch klar sein müssen, dass es nicht ewig so weiter gehen kann. Wenn die Regierung natürlich drei Schreiben ignoriert, wird es schwierig einen Lösungsansatz in 24 Stunden zu präsentieren. Aber Rumänien sollte nicht den Eindruck erwecken, dass es ein unaufhaltsamer Schritt der EBU war, Wege waren da. Der Zeitpunkt vor dem ESC hilft TVR sogar noch etwas. Die EM findet im Juni, Olympia im August statt. Somit hat Rumänien noch etwas Zeit, ein Alternativprogramm aufzustellen, da diese Events natürlich viel wichtiger sind als der ESC.

Die Rumänen lassen derweil ihren Frust auf den ESC-Plattformen raus, hier ein paar Beispiele:


Viele Stimmen, die nicht aus Rumänien kommen, kritisieren ebenfalls den Zeitpunkt. Aber nicht, weil sie Rumänien unterstützen wollen, sondern aus Kulanz zu Ovidiu, der ja seit sehr vielen Jahren auf diese Chance gewartet hat. Er selbst zeigt sich übrigens so auf seiner Instagramseite.


    

Ein von Ovidiu Anton (@ovidiuanton) gepostetes Foto am

Somit ist er leider das Bauernopfer. Andere ESC-Stars haben ebenfalls ihr Mitleid bekundet, Sergey Lazarew (Russland 2016) fordert sogar eine Gastperformance von ihm, was natürlich keine schlechte PR-Masche ist. Aber diese Idee wird denke ich nicht von der EBU umgesetzt werden. Wenn man nun schon ein Abschreckungsurteil gesprochen hat, sollte man es auch nicht mehr verharmlosen, so gemein wie das nun klingt. Aber auch andere Auswirkungen dürfen nicht vergessen werden. Beispielsweise kann sich die Ukraine freuen, da die eigentlich sicheren 12 Punkte aus Moldawien an Rumänien, nun eben an die Ukraine gehen, eventuell aber an Russland. Griechenland wird dagegen sehr traurig sein, da sie in der Vergangenheit die meisten Punkte aus Rumänien kassiert hatten. Auch Moldawien und Russland werden einige Punkte missen.

Somit bleibt zu hoffen, dass bis 2017 eine Lösung gefunden wurde. Beispiele wie es gehen kann kommen aus Bulgarien oder Bosnien, die dank privater Sponsoren ihre Rückkehr feiern können. Mir persönlich wäre aber sogar eine längere Pause lieber, in der TVR völlig neu organisiert wird. Dadurch fällt zwar Rumänien für mehrere Jahre aus dem ESC weg, könnte aber nach gewisser Zeit völlig gesund teilnehmen. Dazu bräuchte man allerdings Köpfe, die dazu auch Willens sind und die hohen Schulden verschwinden dadurch auch nicht. Die EBU hat nun aber klar gemacht, dass es so nicht weiter gehen kann und Rumänien steht eine schwere Zeit bevor. 

PS: Das wäre natürlich nicht mein Blog, wenn ich noch ein paar zynische Zeilen schreiben würde. 

Da bekommen nämlich einige Zeilen aus Ovidiu´s Song eine völlig neue Bedeutung. Fast, als ob er das ganze Drama bereits aus Sicht der EBU im Song verarbeitet hätte.


Hier die Geschichte von Ovi: "Wir stehen am Rand, sie wollen uns zerbrechen, wollen, dass wir herunterfallen, denn die Macht steht auf dem Spiel. Sie lachen uns aus, während wir verblassen. Mit Blut an ihren Händen genießen sie das Mahl, die Augen der Bestie lachen uns aus, während wir verblassen. Und ich kann das alles nicht mehr hinnehmen, dieser Hass verbrennt meine Seele. Kämpfe für die Wahrheit! Sie sind Schuld, nur leere Worte! Kämpfe für die Wahrheit! Die Tage gehen vorbei, ohne dass sich etwas ändert oder erneuert! Kämpfe für die Wahrheit!" 

Das ist der perfekte Klingelton für Jon Ola Sand! Also sollte Jon Ola Sand die ganze Geschichte aufarbeiten wollen, hat er schon dank Ovidiu den passenden Text. Verrückt, dass der wirklich so gut passt, aber vielleicht war es auch ein Zeichen, dass ein solcher Song den Vorentscheid gewinnt. 

Mitleidsbekundungen bitte über den Hashtag #jesuisRoumanie

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen