Lisboa 2018

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Mittwoch, 18. Mai 2016

Deutschland am Ende - Mal wieder

Einmal mehr haben wir Ende Mai und wir müssen uns wieder fragen: Warum hasst uns Europa? Einmal mehr Letzter, seit 2012 keine Platzierung mehr in den Top15. Wenn wir Newcomer schicken landen wir hinten (2014-2016) und wenn wir den erfolgreichsten deutschen Act der 2000er schicken, landen wir ebenfalls hinten (2013). Was machen wir also falsch? 

Fast ganz Europa war sich wie 2015 einig: Deutschland schickte nicht den schlechtesten Song nach Stockholm. Fast jeder mochte ihn oder gab zu, dass er nicht schlecht sei. Und selbst wenn jemand Kritik am Song äußerte, war da noch die süße Jamie-Lee, die das wieder wett machte. Aber im Gegensatz zu 2015, bei dem praktisch jeder Ann-Sophie lobte, gab es auch kritische Stimmen. Warum schickt Deutschland um Himmels Willen einen japanischen Cupcake zum ESC? Wie passt das zum Lied? Und warum noch mal rennt sie alleine durch einen Laserwald?

Das was die Ukraine dieses Jahr perfektioniert hat, interessierte den NDR überhaupt nicht. Nämlich die Authentizität. Jamala, eine Krimtatarin, singt über das Leid, dass ihrer Großmutter angetan wurde, mit einer emotionalen und zurückgenommen Präsentation auf der Bühne. Jamala ließ uns den Schmerz fühlen und erzählte uns die Geschichte, während sie uns in ihre eigene Welt mitnahm. Jamie-Lee? Sie sang über eine Beziehung, die sich gerade in einer Krise befinet, als Cupcake im Wald. Dass das kein Kostüm, sondern der Geschmack Jamie-Lees ist, sollte man berücksichtigen, aber das macht der ESC-Zuschauer eben nicht.


Diese "Heilige Dreifaltigkeit" wurde einmal mehr nicht erreicht. Sollten Sänger, Song und Bühne keine Einheit bilden, kann man eine gute Platzierung vergessen. Selbst wenn einzelne Kriterien schwach sind, kann eine harmonierende Show das wieder wett machen. Das konnte man dieses Jahr gut bei Belgien sehen, da Lauras Stimme wirklich nicht wettbewerbsfähig war und auch der Song eher im Mittelmaß schwamm. Auf der Bühne versprühte sie aber extrem viel Freude, dank Choreo die zum Song passte sprang der Funke ans Publikum über und sie erreichte einen 10. Platz, an den niemand vor den Proben auch nur gewagt hat zu träumen.

Von einer Krise zu sprechen ist einfach, aber wie kommen wir wieder heraus?

Nun, zunächst muss man sich den Umgang mit dieser Platzierung ansehen. Und dieser ist mehr als nur amateurhaft, sondern einfach peinlich. Die Pressekonferenz nach dem Finale wurde praktisch kommentarlos abgesagt. Man nahm sich selbst die Chance, die Fehler zu erklären und auch Kritik der Journalisten anzunehmen. Man wolle Jamie-Lee schützen. Dann soll Jamie-Lee aber auch bitte nicht in der Öffentlichkeit arbeiten, sondern auf einem Bauernhof im südlichen Greifswald. Wer in der Öffentlichkeit stehen will muss mit den Journalisten umgehen (können), nur Kinder gelten als Ausnahme. 

Die gesamte deutsche Delegation nahm sie in Schutz. Thomas Schreiber, das höchste deutsche ESC-Tier beim NDR: "Ihr Auftritt war 1A. Nach unserem Eindruck hat Jamie-Lee ... vor allem das junge Publikum angesprochen." Jamie-Lee selbst sagte: "Ich persönlich bin sehr zufrieden mit meiner Leistung... Ich werde jetzt erst einmal feiern"

Ganz ehrlich, solche Aussagen machen mich sprachlos. Das Jamie-Lee zufrieden mit sich selbst ist, kann man ja durchaus verstehen, aber die Sätze aus Thomas Schreibers Mund sind einfach nur beschämend. Offenbar hat ja Jamie-Lee gar kein Publikum angesprochen und nur Punkte aus Ländern bekommen, in denen man sie aus der The Voice-Staffel kennt, also Österreich und Schweiz. 

Man stelle sich nur einmal vor, bei einem Fussballverein, der das zweite Mal in Folge absteigt erklärt der Trainer, dass es ein "1A Auftritt" der Mannschaft war. Im Sport und in der Wirtschaft wird ein solches Verhalten mit Kündigungen bestraft. Der Fisch stinkt meistens vom Kopf. Aber was macht Thomas Schreiber? Er wird wieder bis Februar in der Versenkung verschwinden und das Debakel einmal mehr Aussitzen. Immerhin das kann er "1A". Auf seine Kappe geht auch das ganze Naidoo-Gate, was schon ein schlechtes ESC-Jahr vermuten ließ. 

Deutschland braucht einen zweiten Stefan Raab. Einen modernen Ralph Siegel. Oder einen Christer Björkman. Keinen Thomas Schreiber, der scheinbar kein Interesse an Erfolg hat. Das schöne am ESC ist, dass wenn man unten ankommt, es nicht mehr schlimmer kommen kann. Warum also riskiert die ARD nicht mal was? Die aktuellen Modelle sind veraltet und haben zu keinem Erfolg geführt.

Das Problem am Vorentscheid ist nun mal, dass er nur als Werbung für den nationalen Markt dient. Die beste Werbung dafür ist natürlich eine Kostprobe des Songs bei diesem Wettbewerb, wobei  der eigentliche Wettbewerb in Hintergrund ist. Wir brauchen ein Konzept, bei dem junge aufstrebende Künstler ein Interesse am ESC haben, nicht die Plattenfirmen an der Vermarktung. Niemand kann mir erzählen, dass Deutschland keine begabten Künstler ohne Interesse am ESC hat.

Aber das Hauptproblem in den letzten beiden Jahren war nicht der Künstler, sondern der Song. Dieser war in beiden Fällen super radiotauglich, aber für den ESC praktisch ungeeignet. Bei der Unterhaltungsshow muss man herausstechen und einen Song haben, der das praktisch schon von alleine macht. Wir müssen andere Wege gehen und vielleicht auch mal einen Song extra für den ESC schreiben. Thomas G:son schreibt ja gerne für andere Länder, warum nicht für Deutschland?

Natürlich wäre das nicht der ideale Plan, aber es wäre zumindest ein guter ESC-Beitrag gesichert. Es gibt natürlich auch andere Möglichkeiten: Dieter Bohlen bringt jedes Jahr eigene Sänger bei DSDS heraus, warum sollte er nicht einen ESC-Song für den aktuellen Sieger Prince schreiben? Oder wie wäre es mit Robin Schulz oder Felix Jaehn, die zur Zeit einen Hit an den anderen reihen? Aber da gibt es natürlich das Problem, dass der NDR aktiv Werbung für den ESC machen müsste. Das ist natürlich mit Arbeit verbunden und wird dadurch schon kategorisch vom NDR abgelehnt.

Der einzige Weg, wie Deutschland aus dieser Abwärtsspirale herauskommen kann ist eine radikale Änderung. Falls der NDR zu dieser nicht fähig ist, sollten man dem WDR die Rechte für den ESC übertragen. Ein Thomas Schreiber MUSS  zurücktreten oder diese Änderungen zulassen. Ein weiteres Aussitzen kann sich DE nicht erlauben, da der ESC ja nun weltweit gesehen wird und wir uns dank Herr Schreiber jährlich blamieren. Danke Dafür!


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