Lisboa 2018

Lisboa 2018

Mittwoch, 11. Mai 2016

Der Tag danach - Ein Rückblick auf das 1. Semifinale

Der Morgen danach ist nie schön, besonders nicht nach den Halbfinals des ESC´s. Nachdem ich im letzten Jahr sehr zufrieden mit den Qualifikanten war, hatte ich wohl ein etwas zu hohes Maß an Selbstsicherheit angehäuft. Und so fühle ich mich jetzt schon an das Jahr 2013 erinnert, indem im 1. Halbfinale Montenegro, Serbien und Österreich doch recht überraschend ausgeschieden sind. 

Um das mal kurz festzuhalten. In meiner Prognose ging es nicht um meine Meinung, sondern um ein Orakel, also unabhängig von meinem Geschmack. Ich hatte die Erwartung, dass sich diese 10 Acts qualifizieren würden:

1.) Russland

2.) Armenien

3.) Ungarn

4.) Bosnien

5.) Island

6.) Griechenland

7.) Malta

8.) Aserbaidschan

9.) Zypern 

10.) Kroatien

--------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

11.) Niederlande

12.) Tschechien

13.) Österreich

14.) Estland

15.) Finnland

16.) Moldawien

17.) Montenegro

18.) San Marino

Somit tauschen wir Bosnien, Island und Griechenland durch Tschechien, Niederlande und Österreich. 

Russland und Armenien werden wohl den Sieg unter sich ausgemacht haben, wobei mein Herz Armenien, und mein Kopf Russland sagt. Dazu werden sich Ungarn und Holland ebenfalls souverän qualifiziert haben. Letzteren hatte ich bei meiner Prognose ein knappes Ausscheiden in Aussicht gestellt, da ich einfach nicht glaube konnte, dass die Holländer mit dem selben Prinzip von 2014 erneut Erfolg haben. 

Die Qualifikation Österreichs war für mich im Vorfeld relativ unwahrscheinlich, da das Lied ja sehr aus dem Rahmen fällt und mir persönlich zu kitschig ist. Außerdem dachte ich, dass die Juroren es auch deshalb eher schlechter bewerten werden. Als Zoe dann aber auf den Bildschirm zu sehen war, deutete sich für mich an, dass sie es schaffen würde. Durch clevere Schnitte wirkte es dann doch gar nicht so rosa und stimmlich kann sowieso nur Kaliopi Zoe etwas beibringen. Somit habe ich kein Problem damit, dass sich Österreich qualifiziert hat, aber es haben andere Länder deutlich hochwertigere Produktionen ins Rennen geschickt.

Ira Losco aus Malta wird wohl auch einen relativ komfortablen Abstand zum 10. Rang haben, obwohl mich das Staging dann doch eher negativ überraschte. Das Opening mit ihrem Gesicht auf dem Boden war tatsächlich genial. Aber danach verliert sich irgendwie der Druck, das Voranpreschen in ihrer Stimme. Es erinnerte mich an Irland 2014, dass ja auch durch eine unglaublich schlechte Bühnenshow ausschied. Das Outfit von Ira war auch mehr als gewöhnungsbedürftig. Natürlich soll/darf sie ihren Babybauch zeigen, aber dass geht auch eleganter. Man muss ihn ja nicht wie Birgit (Estland 2013) unter einem großen weißen Etwas verstecken, aber diese geplatzte Goldtube hätte nicht sein müssen. 

Warum in den Proben Aserbaidschan so runter gemacht wurde kann ich auch nicht ganz verstehen. Das Staging ist für mich persönlich zu viel von Statik geprägt, gepaart mit zu vielen visuellen Eindrücken. Aber dennoch ein solides Gesamtpaket. Ihre Stimme? War im Rahmen, natürlich die schwächste des Abends, aber sie konnte Anschluss an die anderen halten. Auch wenn mich einige Zweifel befallen, dass eine Sängerin im Hintergrund manche Stellen für sie übernommen hat, gelang Aserbaidschan verdient ins Finale. 2013 und 2014 schafften sie das ja auch, aber da wurde ordentlich nachgeholfen. Wobei wir natürlich nicht wissen, ob das 2016 wieder der Fall ist. (Mit solchen Vorwürfen wurde bereits Malta in der Vergangenheit konfrontiert.)

Zypern könnte auf dem heißen Stuhl sitzen und sich als 10. qualifiziert haben. Rock kommt beim ESC eben nicht so gut an. Minus One war dazu live auch nicht wirklich überragend was dafür sorgte, dass ich sie nach ihrem Auftritt schon fast draußen sah. Der Umstand, dass Griechenland mit 2x 12 Punkten aushelfen konnte, kann das Zünglein an der Waage gewesen sein.

Kroatien hat es trotz des Kleids des Grauens geschafft, ins Finale einzuziehen. Respekt dafür! Angeblich wird sie das Kleid überarbeiten und auf etwas zurück gehen, was ihre Stimme in den Vordergrund stellt. Aber auch ihre Stimme war nicht so toll, wie wir sie schon gehört haben, nämlich etwas schief. Aber dennoch glaube ich, das Kroatien auf die linke Seite der Ergebnistafel kommen könnte.

Und dann natürlich noch die größte Überraschung: Tschechien! Die wohl langweiligsten 3 Minuten auf der ESC-Bühne werden mit dem Einzug ins Finale belohnt, na toll. Bitte nicht falsch verstehen, Gabriela kann unglaublich toll singen und eine Ballade muss nicht immer langweilig sein (siehe Israel), aber Gabriela hat es sich mit diesem Song einfach nicht verdient im Finale zu stehen. Für Tschechien freut mich das alles natürlich. Um auch noch etwas konstruktives zu sagen: Stylist rausschmeißen, sie sah aus wie 40. Bitte bitte ein anderes Kleid, es wirkt um die Hüfte einfach seltsam. Und etwas lächeln dürfte auch drin sein ;)

Aber nun zu den Schocks des Abends, die Ausscheider. Wir beginnen mal unspektakulär.

In Gedenken an Montenegro und Highway


In Gedenken an San Marino und Serhat



Ich schäme mich fast für diese Zeilen, aber so schlimm war es gar nicht. Seine Backgroundsängerinnen waren wirklich überraschend gut und auch Serhat performte wirklich gut. Anständig inszeniert war das ganze auch noch, also das Maximale aus diesem Song heraus geholt. Schön, dass Serhat so für den ESC in der Türkei geworben hat.

In Gedenken an Moldau und Lidia


Die beste stimmliche Leistung von Lidia wurde wie erwartet nicht mit dem Finaleinzug belohnt. Ihr Kleid war ebenfalls ganz schön und Lidia hatte den schönsten Tag in ihrem Leben und darum geht es ja. Der Astronaut hatte ja noch seine Akkreditierung unter seinem Anzug an, eine Panne? Wie auch immer, Moldau scheitert somit zum dritten Mal in Serie und man kann nur hoffen, dass Pasha (Sänger 2012, Komponist 2013, jeweils 11.) bald zurück kommt.  

In Gedenken an Finnland und Sandhja


Sandhja hat es wie erwartet auch nicht geschafft. Trotz ihres tollen Liedes, welches es sogar in meine Spotify-Liste geschafft hat. Leider konnte sie live nicht wirklich überzeugen, was aber auch eventuell am Mikrophon liegen könnte, da man sie kaum verstanden hat. Aber auch ihr Staging war verwirrend mit dem Hang zum Sinnlosen. Ihr Outfit und ihre Haare waren dann auch noch unglücklich gewählt. Schade, aber verdientes Aus.

In Gedenken an Estland und Jüri


Hier kam dann der erste Schock für die ESC-Fans weltweit. Der außerhalb der Bühne sehr sympathische Jüri enttäuschte auf ganzer Linie mit seiner Performance. Der Charakter der Bühne war sehr schön, aber durch ihn wirkte die Bühne ziemlich leer. Stimmlich war das wirklich im Rahmen, aber seine Ausstrahlung war so was von lächerlich. Ich bin 21, mache auf ganz coole Socke, während ich einen billigen Kartentrick vorführe und das alles in meinem viel zu großen Anzug. Noch fragen? Sein Ausscheiden hatte sich in der Probewoche abgezeichnet.

In Gedenken an Griechenland und Argo


Diese Gruppe war ja bereits vor den Probewochen in Stockholm klinisch tot, passend zu Griechenland was man ihnen natürlich zugute halten muss. In Stockholm sorgten sie schließlich für einen kleinen Aufseher, da ihre Show eigentlich bei allen gut ankam. Trotzdem war das Lied natürlich immer noch nicht schön. Warum ich glaubte, dass sie sich qualifizieren könnten? Weil es Griechenland ist und Zypern stimmberechtigt war! Während des Auftritts war mir aber klar, dass es das für Griechenland war. Sie standen zwar auf Rang 6 in meiner Prognose, aber persönlich kann ich sehr gut mit ihrem Ausscheiden leben.

In Gedenken an Bosnien und Dalal, Deen, Ana Rucner & Jal


Mit diesem Ausscheiden hatte ich wirklich nicht gerechnet! Wie Griechenland konnte sich der Balkanstaat immer fürs Finale qualifizieren. Diese Serie endet nun und ich muss ganz ehrlich sagen leider! Es regen sich ja nicht nur ESC-Fans darüber auf, dass kaum noch Titel in Landessprache gesungen werden. Was ist daraus also die logische Konsequenz? Der einzige Song in Landessprache (neben Malta mit Englisch) fliegt raus. 

Lag es am Rap? Vielleicht. Lag es an Dalals extremen Outfit? Vielleicht. Lag es an Deens divenhaften Verhalten? vielleicht. Der Hauptgrund für das Ausscheiden lag im Staging, das ich so gelobt hatte. Kommen da die Jurys ins Spiel? Seit dem Skandal mit Russland traue ich denen ja alles zu. Ja was folgt ist eine Verschwörungstheorie, die leider gar nicht so unwahrscheinlich ist.

Auf der Bühne trennte die beiden Sänger ein Stacheldraht, die ihre Liebe bzw. eine Beziehung behinderte. Ana trug Rettungsfolie. Ohne hier irgendeine politische Partei zu ergreifen kann man sagen, dass das natürlich die Flüchtlingskrise mit dem Zaunbau in Europa als Vorbild hat. An sich eine schöne Idee um das zu thematisieren, dass wir nur ohne Zäune und Grenzen wirklich frei sind. Aber leider hat das Team vergessen, dass die Länder, in denen Zaunbauhochkonjunktur läuft, in diesem Semi abstimmen durften. Nämlich Griechenland, Kroatien, Ungarn und vor allem Österreich. Wer weiß, vielleicht durften die Juroren auch nicht dafür stimmen, weil es nicht zum politischen Kurs passt oder waren dadurch zumindest eingeschüchtert. Ich kann praktisch versprechen, dass Bosnien mehr Punkte aus Schweden (Das Flüchtlinge aufnimmt) erhält als aus Ungarn (Die ja nur christliche Muslime wollen). Es hätte ein Zeichen des Zusammenhalts sein können, aber Europa ist erneut zerbrochen.

In Gedenken an Island und Greta

 
Und hier der Schock des Jahres. Ich kann es mir einfach nicht erklären. Sergeys Performance vor ihr wird einen negativen Effekt auf sie gehabt haben, aber einen so starken?! Wahrscheinlich wurde sie 11. und liegt nur einige Pünktchen hinter dem 10. Platz. Es tut mir einfach leid für sie, da sie sich so gut drauf vorbereitet hat. Mir fehlen die Worte, einfach anschauen und den Kopf schütteln.

Donnerstag dann das zweite Halbfinale. Ich will nicht, dass sich dort noch mal die Greta-Frage stellt: Warum?

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen