Den Donnerstagsmarathon haben wir hinter uns gebracht. Nach über 3 Stunden erlöste uns Barbara Schöneberger von den Brainpool Studios in Köln und hinterließ viele Fans ratlos zurück. Was ist der Song dieses Jahr wert?
Der Abend begann mit der Coverrunde und sorgte, so ehrlich muss man sein, für klare Verhältnisse. Helene kann nicht singen, hat aber eine sehr sympathische Art, Yosefine ist unscheinbar, der Kürbiß war bei falscher Songauswahl als Favorit zu nervös, der Hahn im Korb Axel hat eine riesen Stimme, dafür 0 Charisma. Und die letzte im Bunde Levina? Die machte mit einem sensationellen Adele Cover schon in Runde 1 alles klar. Das Publikum verliebte sich und es hagelte nur Lob. In Runde 2 wurde dann zusammen mit Helene und Axel Wildfire performt. Auch hier hatte das Publikum im Saal nur Augen für eine. Es erhob sich sogar! Den Satz, den Jurymitglied Lena brachte, hätte man berücksichtigen sollen: "Also von mir aus, kann jetzt Schluss sein!". Aber es ging noch eine gute Stunde weiter. Schon vor dem Finale eleminierte sie alle anderen Gegner, sodass sie gegen sich selbst im Finale stand. Es war eine Machtdemonstration, ein Spiel mit der sogenannten Konkurrenz, die sie wie Amateure aussehen ließ.
Alle im Saal waren sich einig: Wildfire ist der Song, der Deutschland vertreten solle. Doch dann kam es zu der Verkettung (un) glücklicher Umstände. Levina performte beide Songs erneut, wobei sie bei Wildfire nicht die starke Performance abliefern konnte, wie beim ersten Durchlauf. Dazu wurde dem Zuschauer Zuhause ein Schnelldurchlauf der anderen Nationen 2017 gezeigt, dass ja bisher beinahe nur aus Balladen besteht, wie Wildfire. Der entscheidende Satz des Abends lieferte dann Florian Silbereisen: "Ich weiß nicht, ob es aus taktischen Gründen, dass schnellere Perfect life auszuwählen." Ich weiß nicht, ob Florian Silbereisen eine moralische Instanz ist und ob man auf ihn hört, aber die Zahlen sprechen für sich. Wildfire konnte alle Runden vor dem Finale für sich entscheiden, mehr als deutlich. In der finalen Abstimmung lag dann aber plötzlich Perfect life vorne, und zwar mit 70%.
Es ist also scheinbar soweit, dass wir der Konkurrenz ausweichen und taktisch den Song auswählen, um nicht erneut eine Blamage zurück zu bringen. Das wäre ja nicht schlimm, aber wir haben einen Song zu Recht mit Standing Ovation geschmückt. Das eine Lena in diesem Moment den richtigen Riecher zeigt und abbrechen wollte zeigt, dass es wohl nicht die richtige Entscheidung war. Denn nach dem ersten Hören von Perfect life regte sich kaum was im Publikum.
Perfect life ist also der deutsche Beitrag und einmal mehr halten wir uns an das typische Bild seid 3 Jahren: tolle Sängerin und ein mittelmäßiger Beitrag. Levina ist eine tolle Persönlichkeit mit einer Stimme, die nicht nur einzigartig, sondern auch gut ausgebildet ist. Studierend in London als preisgekrönte Künstlerin, andere Länder würden sich solche Sängerinnen wünschen. Diesem Ausnahmetalent geben wir dann einen Song, der Altkanzler Adenauer gefallen würde: Keine Experimente. Alle möglichen Ecken und Besonderheiten herausgenommen, sodass nur eine graue Songmasse übrig bleibt.
Das einzige, was diesen Song etwas lebendig macht, ist die internationale Diskussion, ob es sich um ein Plagiat eines anderen Songs handelt. Nein, das ist kein Flashback zu 2013 und dem Euphoria - Glorious - Don't you worry Child - Gate. Die ersten Takte von Perfect life klingen sehr ähnlich zu Titanium von David Guetta und SIA , Gott segne sie. Es handelt sich hierbei nicht um ein Plagiat, da die Töne doch in einer anderen Reihenfolge erscheinen, aber es ist ein typischer Fall von: Was hatte neulich Erfolg? Das ändere ich etwas um und baue es in meinen Song ein. So machte es Schweden in den vergangenen beiden Jahren, Dänemark 2010 und Deutschland 2013, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Die Kompositionistin arbeitete sogar schon mit Guetta zusammen, also ist das typische "das hab ich noch niiiie gehört" nicht drin. Thomas Schreiber, der Kopf des deutschen ESC Debakels hat angedeutet, noch etwas am Song herum zu schrauben.
Doch das Problem bleibt: in der aktuellen Version werden wir erneut Letzter werden. Ganz einfach, weil kein Juror das als besonders sieht, um Punkte zu vergeben. Und welcher Zuschauer ruft den schon für Füllmaterial an? Das einzige spannende aus deutscher Sicht dürfte sein, ob mit dem neuen Wertungssystem 0 Punkte möglich sind. Galgenhumor muss schon im Februar angewendet werden. Falls jemand vom NDR das ließt: es wird niemand bei einem Song Tausch sauer sein! Wenn Sie wirklich den Erfolg für Deutschland zurück haben wollen, dann empfehle ich, sofort alles bis auf Levina über den Haufen zu schmeißen.
Sollten wir mit diesem Gesamtpaket also nach Kiew fahren und erneut einen Platz jenseits von Rang 20 erreichen, MUSS das Konsequenzen in Form von Personen haben. Ein Thomas Schreiber ist spätestens dann dran abgesägt zu werden, sollte die ARD ein Interesse daran haben, sich, und viel schlimmer uns, nicht international zu blamieren.
Es könnte so einfach sein, ein einmaliges und kostensparendes Modell zu entwickeln. Aber gerne, ich liefere ja den ersten Schritt in Richtung 2018, denn Kiew habe ich aus deutscher Sicht schon abgehackt.
Option A: Wir geben einen wirklich erfolgreichen Produzenten (damit meine ich international) einen Batzen Geld in die Hand und schreibt einen Hammersong. Ein Name der mit spontan einfällt, wäre Max Martin, der wohl beste Produzent auf der Welt zur Zeit. Dann nehmen verschiedene Künstler eine Demo des Songs auf und ein Panel aus ESC - Interessieren (Journalisten, Fans, Experten) wählt die perfekte Kombi aus. Man spart sich das Geld für einen Vorentscheid.
Option B: Man schaut, welche Songs nach dem 1.09 von deutschen Künstlern veröffentlicht wurden und fragt diese an. Felix Jaehn, Zedd, Milky Chance. Somit kauft man einen internationalen Hit für den ESC ein und der Künstler hat tolle Promomöglichkeiten. Einen Vorentscheid spart man sich auch hier.
Ein letzter Absatz zu Unser Song für Kiew: Die Publikumspartizipation lag in Dimensionen von Millionen Stimmen unter dem Wert für letztes Jahr. Das kann nur zum Teil durch die niedrigste Einschaltquoten seit 2012 erklärt werden. Auch der gewollte Spannungsaufbau von Wertungsrunde zu Wertungsrunde ging schief, da im Finale mit Abstand die wenigsten Stimmen abgegeben wurden. Die Liveband Heavytones war das negative Highlight des Vorentscheids. Nicht, weil sie schlecht spielten, sondern weil sie so unpassend wie ein ägyptischer Ballonkünstler auf einer Beerdigung waren. Beim ESC wird vom Band gespielt, nix Orchester. Diese Verzerrung im Wettbewerb, da die elektronischen Sounds natürlich schlecht umgesetzt werden, war nicht nur unnötig, sondern auch unnötig teurer.
Somit bleibt uns Deutschen einmal mehr nur der Blick in andere Länder. Denn mit unseren Song werden wir keinen Blumentopf gewinnen. Was ich letzter Jahr noch als Horrorszenario ausmalte, wird in diesem Jahr als Fortsetzung gedreht.
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